Wieviel Besitz braucht das Glück
Shownotes
... vielleicht doch eine verklärte Folge zu Weihnachten :D
Was hat man 1900 besessen, was um 1945 und was besitzen wir heute. Haben wir noch richtige, echte Wünsche und gibt es Kostbarkeiten die wir hegen und pflegen?
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00:00:00: Du interessierst dich für das Leben 1900 von der ständige Gesellschaft bis hin zur
00:00:06: Körperikine?
00:00:07: Lehn dich zurück, ich erzähl davon.
00:00:09: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Leben 1900 mit dem sehr schwerwiegenden
00:00:20: Titel "Wie viel Besitz braucht das Glück und wer Angst hat vor einer philosophischen
00:00:25: Folge mit dem Endergebnis, dass man nur Luft und Liebe braucht?"
00:00:28: Nein, auf gar keinen Fall.
00:00:30: Ich möchte einfach darüber reden, was man hatte, was man hatte 1900, was die Leute,
00:00:34: die mit mir in dem Gesprächspreis sind, die so 1940 geboren sind.
00:00:39: Wie glücklich waren die damit?
00:00:40: Was haben wir heute?
00:00:41: Wie viel Konsum?
00:00:42: Aber keine verklärte Folge, sondern einfach nur ein lockeres Glaubere darüber.
00:00:48: Ich hoffe, ihr bleibt dran und seid genauso erstaunt wie ich von dem, was mir zum Beispiel
00:00:56: die Senioren erzählt haben.
00:00:58: Ich sitze übrigens in Tallinn für alle Leute, die sich nicht nur für die Zeit um 1900 interessieren,
00:01:04: sondern auch vielleicht ein Fehlwilch für alte Gebäude haben.
00:01:07: Ist das eine absolute Herzensempfehlung.
00:01:09: Ich war schon sehr, sehr, sehr oft in dieser Stadt und die ist wunderschön.
00:01:12: Es gibt hier einen unglaublich gut erhaltenen alten Stadtkern und auch das Preisniveau
00:01:18: ist für uns Deutsche sehr angenehm.
00:01:20: Man kann hier ganz toll essen gehen und es erscheint uns günstig.
00:01:24: Also wer hier noch nicht war, reist mal nach Tallinn.
00:01:28: Ja, zu diesem Thema gekommen bin ich tatsächlich in der letzten Gesprächskreis mit den Senioren.
00:01:35: Das sind Menschen oder an diesem Tag waren es Menschen, die waren so um 1940 geboren
00:01:39: und lebten zwischen 45 und 1950 in den Lagern, in Flüchtlingslagern an einem Ort, den sie
00:01:45: nicht selber bestimmt hatten mit Menschen, die sie im Prinzip nicht kannten, in großen
00:01:49: Räumen zusammen.
00:01:50: Das hatten sie alle gemeinsam.
00:01:51: Ein Herr kam von einem Bauernhof, da war das ein bisschen anders, aber vom Reichtum sehr
00:01:57: ähnlich und ich bin in diesem Tag gestartet mit einer sehr klaren Farageformulierung
00:02:02: und hatte sehr klare Antworten erhofft.
00:02:04: Und zwar hatte ich mein altes Unterhemd von mir aus dem Bootshaus dabei und ich habe
00:02:09: gefragt, was hatten sie als Kinder in diesen Lagern zum Beispiel, was hatten sie für Kleidung,
00:02:16: was können sie sich erinnern, was haben sie gehabt und ich hatte erwartet, dass so ganz
00:02:20: klare Antworten kommen und zwar etwas in diese Richtung, oh ich hatte diesen einen roten
00:02:24: Mantel und den habe ich geliebt und den hatte ich immer an oder ich hatte dieses eine Kleid,
00:02:28: was meine Tante aus den Gardinen der Großmutter genäht hatte und eingefärbt mit Blaubeersaft.
00:02:35: Ich weiß es nicht, versteht ihr, was ich meine?
00:02:36: Ich dachte, da kommen jetzt so ganz klare Erinnerungen und es gab so das eine Stück,
00:02:41: was sie gehegt und gepflegt haben und geliebt haben.
00:02:43: Das kam so ein bisschen daher, dass ich das erwartet habe, dass ich als Guts-Mark damals
00:02:49: ja einen Sonntagsauswetter hatte, ich habe das schon mehrfach in den Folgen erwähnt,
00:02:52: das war so ein lila Samtjägchen, das war ein sauberer Rock und eine saubere Bluse und
00:02:57: es war für mich das absolute Highlight, diese Sonntagskleidung zu tragen.
00:03:00: Ich habe das total geliebt und hätte die natürlich gerne noch viel öfter getragen.
00:03:04: Es war natürlich auch so ein Mädchen-Ding für die Jungs, war das vielleicht gar nicht so
00:03:07: das Happening, dass man Sonntags was anderes anziehen durfte.
00:03:10: Aber das kann ich mich sehr gut erinnern, das war mein ganzer Stolz, das habe ich gehegt
00:03:14: und gepflegt, wenn das kaputt oder schmutzig war, habe ich das feinst säuberlich wieder
00:03:18: in Ordnung gebracht.
00:03:19: Und so habe ich mir irgendwie die Antworten vorgestellt und ich war unglaublich überrascht,
00:03:25: dass alle die anwesenden Leute im Prinzip auf meine Frage keine Antwort hatten und die Frage
00:03:30: auch überhaupt nicht als relevant erfunden haben.
00:03:33: Sie haben dann nette Dinge erzählt aus ihrer Kindheit und aus ihrer Erinnerung, die aber
00:03:37: überhaupt nichts mit dieser Frage zu tun hatten und ich dachte, okay wow, gibt es keine Antwort?
00:03:43: Und ja es gab, es gibt keine Antwort, denn diese Leute hatten noch weniger als das es
00:03:48: gab, kein Sonntagsoutfit.
00:03:49: Man hatte das, was man am Leib getragen hat und das war es Ende aus und da man eben überhaupt
00:03:55: nichts hatte, spielte das auch keine Rolle, es hatte keine Relevanz und deswegen gab es
00:04:00: darüber keine Erinnerung.
00:04:01: Das hat mich total erstaunt und dann habe ich gedacht, okay ihr habt vielleicht jetzt nicht
00:04:06: dieses rote Männthälchen oder das selbst genähte Kleid gehabt, aber ihr habt doch bestimmt
00:04:10: die eine Puppe gehabt, die immer überall mit hingenommen habt, den einen Fußball, der
00:04:14: vielleicht schon kaputt war oder der nur aus Reisig zusammengebunden war oder so.
00:04:19: Und auch auf diese Frage gab es keine Antwort, denn bzw. es gab eine Antwort, sie haben gesagt,
00:04:25: nein, wir hatten keine Puppe, wir hatten auch nicht diese eine Puppe.
00:04:29: Und das hat mich auch nach der Stunde oder zwei Stunden Gespräch doch noch sehr beschäftigt,
00:04:37: wie wenig sie eigentlich hatten.
00:04:39: Das war so in meiner geschönten Vorstellung von dieser Zeit, gehört das irgendwie einfach
00:04:46: dazu, aber sie hatten nichts, nichts.
00:04:49: Wenn man etwas braucht, da hat man das irgendwie getauscht, man hat Schuhe irgendwie passend
00:04:55: gemacht und seine Kleidung passend gemacht, aber man hatte das, was man anhatte und man
00:05:00: hat draußen gespielt, haben sie erzählt, in der Regel, man hatte auch unter den Kindern
00:05:05: gespielt, denn die Eltern mussten immer arbeiten oder eben Tauschgeschäfte machen, sich irgendwie
00:05:10: um den Lebenserhalt kümmern und man hat mit denen gespielt, was man draußen gefunden hat.
00:05:15: Und hatte keinen Besitz und der Besitz hatte keine Relevanz und mehrfach haben alle Anwesenden
00:05:23: betont, wie glücklich ihre Kindheit war.
00:05:25: Und klar, ich weiß, dass man in Erinnerung gerne Dinge, die vielleicht nicht ganz so
00:05:30: schön waren, vergisst, dass sich nicht mehr so präsent dran erinnert oder dass das Schöne
00:05:35: in der Erinnerung größer ist, als die Dinge, die nicht so schön waren.
00:05:39: Und sicher sind da auch Dinge gewesen, die nicht so schön waren.
00:05:42: Ich meine, sie haben in Lagern gewohnt und sie können auch berichten von Dingen, die
00:05:46: natürlich sehr umständlich waren.
00:05:47: Aber sie waren sich alle einig, dass sie als Kinder sehr, sehr glücklich waren, sehr, sehr
00:05:51: frei, sehr, sehr glücklich.
00:05:52: Sie haben mehrfach betont, dass sie sehr wenig krank waren, weil sie eben den ganzen Tag
00:05:58: draußen waren und sehr robust.
00:06:00: Und dieses Thema im Zusammenhang mit dem Dezember und mit Weihnachten in 2024 finde ich doch
00:06:11: sehr erstaunlich.
00:06:12: Denn das hat mich nochmal zum Nachdenken gebracht, wie wir eigentlich konsumieren und was eigentlich
00:06:18: so unser unsere Wünsche sind.
00:06:21: Haben wir überhaupt noch Wünsche?
00:06:22: Oder kann man sich heutzutage also klar, man kann sich niemals alles erfüllen.
00:06:26: Ich träume auch von einem schönen Haus und einem Topf-Familienauto.
00:06:31: Und klar denke ich auch manchmal, wie gerne würde ich einfach durch die Einkaufsleden
00:06:35: gehen und mir hochwertige Dinge gönnen, ohne auf den Preis zu achten.
00:06:40: Das sind natürlich Wünsche, aber ich weiß, die werden nicht in Erfüllung gehen oder
00:06:44: jedenfalls nicht einfach so.
00:06:46: Und die sind auch schön zu haben und die entscheiden nicht darüber, ob ich glücklich
00:06:51: bin oder nicht.
00:06:52: Aber trotzdem in dem Zusammenhang fällt mir schon seit mehreren Jahren an Weihnachten
00:06:58: auf, dass ich so richtige Wünsche wünsche, die ich jetzt so weitergeben kann an meine
00:07:03: Familie, die sich natürlich fragt, was wünschst du dir?
00:07:06: So kann ich so richtig, richtig hab.
00:07:09: Denn ich bin, ich habe trotz, dass ich es versuche zu vermeiden, viel besitzt, so wie
00:07:15: ihr alle wahrscheinlich auch.
00:07:17: Und ich finde das fast ein bisschen schade, dass es nicht so Kostbarkeiten gibt, die
00:07:23: man dann irgendwie an Weihnachten geschenkt kriegt und die so was richtig, richtig besonderes
00:07:27: sind.
00:07:28: Womit ich jetzt auch nicht ausschließen will, dass mir noch nie jemand was Besonderes geschenkt
00:07:32: hat, aber vielleicht wisst ihr, was ich meine.
00:07:33: Also um nochmal darauf zurückzukommen, gehe ich jetzt nochmal in meine Situation als Hausmädchen
00:07:38: 1906.
00:07:39: Was habe ich denn da gehabt?
00:07:40: Was hat mich denn da total glücklich gemacht?
00:07:42: Welche Geschenke habe ich richtig erfreut?
00:07:44: Also ich hatte ja wie gesagt ein bisschen Kleidung, aber sonst wirklich kein Besitz.
00:07:51: Und das schönste Geschenk im Gutshaus war ein Stück Seife mit Geruch.
00:07:55: Das habe ich glaube ich auch schon mal erzählt, weil es war so toll, nach etwas zu riechen
00:07:59: und nicht nur nach Arbeit und Schweiß.
00:08:01: Und wenn man mir zu Weihnachten hätte eine große Freude machen wollen, dann wäre das
00:08:06: zum Beispiel ein besticktes Taschentuch gewesen, kann ich mir so gut vorstellen.
00:08:10: Wenn ihr das jetzt hört, denkt ihr vielleicht, was will sie denn mit einem bestickten Taschentuch?
00:08:14: Aber es gab ja keine Papiertaschentücher.
00:08:17: Und doch das hätte ich mir glaube ich schon sehr schön vorstellen können, dass ich so
00:08:20: ein ganz besonderes Taschentuch habe.
00:08:22: Mich hätte sicher auch eine schöne Bettwäsche sehr gefreut, wobei das natürlich schon ein
00:08:27: sehr großes Geschenk gewesen wäre, weil meine Bettwäsche war sehr kaputt.
00:08:31: Ich glaube auch Sachen wie ein schöner Waschkrog hätten mich sehr gefreut.
00:08:35: Oder zum Beispiel ein besonderer Bleistift oder ein Füller sogar, wobei weiß ich nicht,
00:08:41: ob mir das als Hausmarkt zubestanden hätte, überhaupt jemals mit einem Füller zu schreiben.
00:08:44: Aber ich glaube das wären Sachen gewesen, die hätten mir das ganze Jahr Freude bereitet.
00:08:49: Ein paar Blätter oder vielleicht sogar eine Art Notizbuch.
00:08:53: Das wäre schon etwas sehr, sehr, sehr Tolles gewesen.
00:08:57: Und Schmuckstücke natürlich.
00:09:00: Also jede Art von Schmuck, auch wenn es nur die kleinste Kette oder Armand gewesen wäre,
00:09:06: war natürlich etwas unglaublich Besonderes.
00:09:08: Es hätte natürlich was sein müssen, was der Arbeit auch standhält.
00:09:10: Ja, und das wäre, da wäre Weihnachten doch etwas sehr, sehr besonderes gewesen, wenn
00:09:16: man mir das damals geschenkt hätte.
00:09:18: Auch die Herrschaften aus dem Gesprächskreis konnten so Sachen berichten, dass es dann
00:09:23: irgendwie einmal das Paket von Verwandten aus XY gab, die dann doch mal ein Fußball
00:09:30: geschickt haben oder eine besondere Schokolade oder so.
00:09:33: Das finde ich sowieso auch in dieser Kriegszeit sehr bezeichnend.
00:09:36: Das können ja ganz viele Leute berichten, dass es Pakete von Verwandten gab.
00:09:40: Das ist ja auch so ein bisschen so ein DDR-Ding.
00:09:43: Aber auch unabhängig von Ost- oder Westdeutschland hat man sich alles, was man irgendwie auftreiben
00:09:51: konnte und hatte gegenseitig zugeschickt.
00:09:53: Das finde ich auch was sehr Schönes, was so ein bisschen verloren gegangen ist.
00:09:57: Die Verwandtschaft, klar hat man die gern, aber so richtig viel Kontakt weiß ich nicht,
00:10:03: pflegt man ja eher selten und dass man denen jetzt Kostbarkeiten zuschickt.
00:10:07: Ich für mich kann das nicht so behaupten.
00:10:10: Das kommt natürlich auch daher, dass so den Grundbesitz alle irgendwie haben, auch wenn
00:10:16: sich doch natürlich das Gehalt hier und da unterscheidet.
00:10:19: Aber dass ich jetzt mit einer besonderen Schokolade oder einem ganz besonderen Spielzeug
00:10:24: da eine ganz besonders große Freude machen könnte, das schließe ich fast schon eher
00:10:28: aus.
00:10:29: Und das ist etwas, was ich eigentlich gerne wiederhaben würde.
00:10:37: Und die Frage ist, kann man sowas wiederhaben oder ist das gar nicht möglich in Zeiten,
00:10:43: wo es Same Day Delivery gibt, wo wir ja alle zwar unterschiedlich viel verdienen, aber
00:10:50: doch so viel verdienen, dass wir nicht nur mit Mühe und Not unseren Lebensunterhalt
00:10:57: bestreiten und eben so Luxusartikel sein, es besondere Tischdecken oder besondere Servis,
00:11:08: besondere Kissenhöhlen.
00:11:10: Ich weiß nicht, was man gerade auch so als Hausfrau schätzt, jetzt will ich mal gar nicht so
00:11:14: genderspeziell sein, sondern vielleicht auch die Herren ansprechen.
00:11:17: Ein besonderes Werkzeug, eine besondere Jeans, eine besondere Uhr, ja was auch immer so
00:11:25: die Dinge sind, mit denen man sich das Leben so ein bisschen schöner macht, dass man sich
00:11:29: das irgendwie so zwischendurch gönnt und nicht mehr Monate, vielleicht sogar jahrelang
00:11:36: sich so darauf hinwünscht.
00:11:38: Und das ist, also wie kann man das wieder, ist das ein Ziel?
00:11:45: Schreibt mir gerne, ist das für euch ein Ziel?
00:11:47: Ich find das irgendwie schön.
00:11:49: wenn ich sagen könnte, euch... also zum Beispiel habe ich mir ein Geschirr immer wieder die letzten Jahre
00:11:58: Teile für ein Geschirr gewünscht, das mich auch wirklich extrem erfreut. Aber es ist es ja auch so,
00:12:04: dass in Zeiten wie diesen, dieses klassische Sonntagsgeschirr so ein bisschen an Bedeutung verloren hat,
00:12:09: weil es diesen klassischen Sonntag nicht mehr gibt, zumindest in unserer Arbeitswelt und auch diese Besuche,
00:12:16: dass jemand so besonders zu Besuch kommt, dass man das dann rausholt, dass es irgendwie sehr selten gewonnen,
00:12:24: vielleicht liegt es an meiner Einladungsmentalität, klar bekommen wir Besucher auch so unter der Woche,
00:12:29: aber dass ich jetzt sage, oh jetzt hol ich mal das teure Geschirr aus, das ist jetzt auch noch nicht so richtig passiert.
00:12:34: Und da frage ich mich irgendwie auch schon länger, kann man die Besonderheit von Besitz wieder kreieren
00:12:41: oder ist das für immer verloren, kann ich das wieder so zu schätzen lernen, auch wenn ich mich in einer Welt befinde,
00:12:50: in der Konsum so leicht ist und in der gerade in unseren Breiten hier eben auch die finanziellen Mittel wirklich sind
00:12:57: und jetzt mal selbst angenommen, man hätte die nicht, es gibt ja so wahnsinnige Kreditsysteme, Kreditkarten etc.
00:13:02: pp., dass man ja auch ohne dass man das vielleicht hätte sich das leisten könnte.
00:13:09: Ich gratte ins Stock, weil mir fehlen so ein bisschen die richtigen Worte dazu.
00:13:13: In meiner persönlichen Situation kann ich sagen, dass ich in den letzten Jahren massiv darauf achte, was ich kaufe,
00:13:19: aber trotzdem werde ich auch immer wieder verleitet.
00:13:22: Zum Beispiel letztens brauchte ich ein paar neues Schuhe, weil wir sich von meinem alten paar Schuhe tatsächlich die Sohlen abgelöst haben
00:13:28: und jetzt könnte man sagen, okay die kann man hier ankleben, aber in diesem Fall hatte ich die schon so lange mit diesen halb abgelösten Sohlen getragen,
00:13:35: dass die dazwischen so kaputt gegangen sind, dass es einfach schwierig ist.
00:13:39: Und dann bin ich in so einen Secondhand-Laden gegangen in Hamburg und habe auch sofort zwei paar Schuhe angeboten bekommen,
00:13:48: die mir gepasst haben und die auch so von der Farbe ganz okay waren und ich habe die dann auf jeden Fall beide gekauft.
00:13:55: So, jetzt frage ich mich selber, warum habe ich das gemacht?
00:13:58: Wäre es nicht viel besser gewesen, ich hätte ein paar Schuhe gekauft und dieses eine paar Schuhe ist besonders
00:14:04: und ich trage das wieder, bis es vielleicht nicht mehr so ansehnlich ist.
00:14:07: Dann kann ich es ja noch ein paar Mal putzen und vielleicht auch mal noch mal zum Schuhstabring,
00:14:11: bis es dann irgendwann, wenn man Schuhe wirklich jeden Tag trägt,
00:14:15: und Schuhe aus unserer Zeit sind natürlich auch irgendwann dann dem Ende geweiht.
00:14:20: Das war 1906, ja auch ein bisschen anders.
00:14:24: Ihr erinnert euch, ich habe das auch schon mal erzählt, ich hatte ja dieses paar Lederstiefelchen
00:14:29: und die waren auch noch original, also die Firma, die das damals alles rekonstruiert hat,
00:14:35: hat sich da wirklich unglaublich viel Mühe gegeben und die Schuhe haben die Belastung überhaupt nicht ausgehalten,
00:14:40: aber die sind dann neu besolt worden und dann haben die auch gehalten bis zum Ende des Projekts.
00:14:45: Ja, und das ist so ein typisches Beispiel, wo ich an mich selber appelliere,
00:14:50: warum hast du jetzt dieses zweite paar Schuhe gekauft?
00:14:53: Also es hätte wirklich ein paar gereicht.
00:14:57: Und so ist das ein Beispiel, das geht ja in ganz vielen Dingen so.
00:15:03: Zum Beispiel habe ich die Adventskalender der Kinder gefüllt
00:15:06: und ich hatte mehr Sachen besorgt über die letzten Monate, als ich benötigte für die 24 Törchen.
00:15:15: Ich dachte, was ist das für ein Luxusproblem, jetzt mehr Dinge zu besitzen,
00:15:20: als in diese 24 Törchen irgendwie reingehen und klar, man kann das dann aufheben oder wieder verkaufen
00:15:25: oder verschämpfen oder wie auch immer, aber die Schlussfolgerung an mich selber ist,
00:15:32: ich konsumiere trotz, dass ich versuche, extrem darauf zu achten, immer noch zu viel.
00:15:37: Und auch besondere schöne Dinge für mein Haushalt oder die mir so persönlich Freude bereiten,
00:15:44: bin ich doch in der Lage, immer mal hin und wieder zwischendurch zu kaufen.
00:15:48: Anstatt mir die aufzusparen und zu wünschen.
00:15:51: Es ist ja nicht, also ich glaube, keinem generell schadet es, Geld nicht auszugeben,
00:15:56: sondern vielleicht anzulegen in verschiedene Formmöglichkeiten,
00:16:01: was auch immer oder einfach nur unter einem Kopfkissen aufzuheben für das eine große Auto
00:16:08: oder so was man sich dann vielleicht auch mal oder die warst ich, weiß ich nicht.
00:16:11: Ihr wisst, was ich meine.
00:16:13: Wenn man jetzt nochmal nach 1906 zurückblickt und sich die Herrschaft anguckt, wie war das denn da?
00:16:17: Hatten die so überflüssigen Besitz oder irgendwie zu viel?
00:16:20: Klar, hatten die mehr, deutlich mehr als wir im Gesinde, zum Beispiel eine schöne Auswahl an Kleider
00:16:25: und für verschiedene Anlässe bei Kleidersonterskleider, T-Kleider, was auch immer,
00:16:31: aber immer noch nicht in einer Fülle, in der es nicht händelbar gewesen wäre.
00:16:37: Und man hat auch gerne aus so einem Herrschaftskleid nochmal ein Kinderkleid genäht zum Beispiel
00:16:41: oder aus einer Gardine nochmal eine Tischdecke gemacht.
00:16:45: Und auch die Herrschaft hatte nicht fünf verschiedene Garnitun-Bettwäsche, sondern dann eben zwei oder maximal drei.
00:16:53: Und auch die hatten eben dieses Sontersgeschirr.
00:16:56: Das kam aber viel öfter auf den Tisch, weil es viel öfter entsprechende Anlässe gab.
00:17:00: Und so richtig, dass man sagt, die hatten jetzt so überflüssigen Besitz,
00:17:04: den man sich wirklich hätte sparen können.
00:17:06: Das kann ich auch nicht behaupten.
00:17:08: Klar, hatten die zum Beispiel eine Bibliothek und das standen auch sicher viele Bücher,
00:17:12: aber gerade Bücher ist, da gibt es ja sicher auch viele, die sagen, da kann man sowieso nicht genug von haben,
00:17:18: gerade in Zeiten, wo es noch gar kein Internet gab und man Dinge nicht einfach googeln konnte.
00:17:23: Aber sonst fällt mir nichts ein, auch nicht bei den Kindern in den Kinderkleiderschränken,
00:17:28: dass da jetzt übermäßig viel drin gewesen wäre, was der völligen Verschwendung gleicht.
00:17:36: Ich lese gerade ein Buch, ein Kinderbuch, also ich lese es nicht, ich lese es abends vor.
00:17:42: Und zwar geht es darum, dass ein kleiner Bär, also ein Stofftier, erzählt den Untergang der Titanic.
00:17:50: Das ist ganz interessant, denn dieses Kind, dem der Stoffbär gehört, hat gelebt,
00:17:57: es war so ungefähr zehn Jahre auf der Titanic, also das ist so 19, bis die 14 oder 12 ausgelaufen,
00:18:06: vielleicht ist er 1902 oder so geboren, und dieser Bär berichtet eben von diesem lebendes Jungen.
00:18:12: Und er berichtet, was er alles mit diesem Jungen erlebt hat.
00:18:15: Unter anderem waren sie eben zusammen auf der Titanic und da das ein sehr, sehr vermögender Junge war,
00:18:21: haben die als einer der ersten in einem dieser Rettungsboote das Schiff verlassen und diesen Untergang überlebt.
00:18:29: Und da finde ich das sehr bemerkenswert, dass dieser ganze Reichtum, den diese Familie damals hatte,
00:18:36: fast ausschließlich in Reisen ausgegeben wurde.
00:18:40: Diese Familie lebte eigentlich in New York, aber ist über die bersämtliche Jahreszeiten immer wieder irgendwo hingereist,
00:18:47: viel nach Europa auch und klar hatte, der alles, was er brauchte, und hatte eine Nanny und immer ein schönes Outfit an
00:18:56: und auch seine Eltern, aber die hatten auch nicht fünf Outfits oder die Mutter hatte nicht drei Mäntel und fünf Füte und noch drei Pasche.
00:19:08: Also das war auch sehr, das was sie hatten war sicher sehr viel hochwertiger als das Outfit eines Dienstpersonals,
00:19:16: aber es war auch nicht so, dass sie davon in Hülle und Hülle viele verschiedene Dinge besaßen.
00:19:21: Sie haben eben dann hochwertigere Dinge gehabt und haben die Gelder, die ihnen zur Verfügung waren, eher in so Reisen und solche Sachen investiert.
00:19:31: Auch heute zum Beispiel, wenn ich jetzt auf mich gucke, ich weiß nicht wie das bei euch ist,
00:19:36: meine erste Wohnung war im Vergleich zu dem, wie ich jetzt wohne, auch deutlich in anfühlungszeichen minderwertiger eingerichtet.
00:19:46: Ja, heute kann ich mir dann doch vielleicht auch mal irgendwie den Design-Klassiker leisten,
00:19:52: oder in meinem Fall liebe ich massive Eichenmöbel generell, aber keine Sorge, nicht die Schrankwand, die ihr jetzt vor Augen habt.
00:20:04: Und das war natürlich mit 20 eine andere Hausnummer. Klar, das ändert sich ja auch generell im Alter,
00:20:11: dass man mehr verdient und mehr zur Verfügung irgendwie hat und dann da ein bisschen darauf achten kann.
00:20:19: Auch mit meiner Kleidung, das hat sich ja auch geändert, das war vielleicht auch mit 18 oder 20 nicht ganz so hochwertig wie das heute ist.
00:20:28: Aber trotzdem war es mit 18 und auch mit 38 zu viel. Ich besitze zu viel und das beschäftigt mich sehr.
00:20:37: Vor allen Dingen nach dem Gespräch mit den Menschen, die 1945 eben Kinder waren und die berichtet haben, was sie besessen haben,
00:20:45: wie glücklich sie waren. Und da ist nochmal ganz interessant, dass ich in einem Stadtteil wohne, was generell sehr vermögend ist
00:20:51: und wo eben diese Herrschaften heute mir gegenüber sitzen als sehr erfolgreiche Menschen.
00:20:58: Sie haben viel erreicht, sie haben extrem viel erzielt, sei das an Bildungserfolgen oder Monetären erfolgen
00:21:10: und sitzen mir gegenüber und haben sich ja vielleicht auch eine Jacke zu viel im Schrank.
00:21:16: Aber trotzdem glaube ich immer noch, dass sie es beherrschen, das viel kontrollierter zu machen als unsere Generation heute.
00:21:24: Ich erinnere mich da auch Kerne an meine Großmutter, die zwar nicht besonders vermögend war, aber die auch sehr überlegt ihre Dinge besessen hat.
00:21:34: Die eine Strickjacke, die sie über ihren Blusen warm hält, wenn es kalt wird und den einen schönen Wintermantel
00:21:41: und den einen Hut und den einen Frühlingsmantel, ihr könnt jetzt viele Beispiele aufzählen, die immer gut gekleidet waren.
00:21:47: Man hat nie gedacht, sie ist jetzt irgendwie schlecht gekleidet oder hat immer das Gleiche an.
00:21:51: Und so ist das damit in den Herrschaften auch, die saßen mir gegenüber und sahen unglaublich stilvoll und frisch und junglich aus
00:21:59: und man hatte das Gefühl, trotz allem, was sie heute haben, wissen sie das trotzdem noch ein bisschen besser zu schätzen als zum Beispiel,
00:22:07: oder was heißt zu schätzen? Ich glaube, ich habe schon das Gefühl, dass ich das zum Beispiel für mich auch zu schätzen weiß,
00:22:12: aber immer noch sehr schlecht umsetze.
00:22:14: Und deswegen zum Dezember diese Folge, vielleicht, dass ihr auch nochmal so in euch rein hört, wie konsumiere ich eigentlich und ist das so nötig?
00:22:26: Und mach mich das glücklich, habe ich eigentlich Wünsche, die wirklich so Wünsche sind
00:22:33: und da ist Weihnachten schön, weil man zusammensitzt, aber gar nicht mehr besonders, weil man vielleicht was Geschenk kriegt.
00:22:41: Ich wünsche mir für mich, dass das wieder mehr besonders für mich wird.
00:22:45: Auch das mit dem Schenken. Schenken ist ja eigentlich was unglaublich Tolles, auch wenn man natürlich Zeit und Liebe schenken kann und solche Dinge,
00:22:52: aber das vielleicht auch eben ein kleines materielles Geschenk auch mal wieder so was richtig, richtig besonderes wird.
00:22:59: Und dann bin ich wieder in der Sinne. Schließe ich diese Folge, lasse das Thema für nächste Folge nochmal kurz, offen,
00:23:06: das bleibt noch ein bisschen spannend, weil ich da noch nicht ganz am Ende bin mit meiner Recherche
00:23:12: und freue mich, dass ihr bis zum Ende dabei geblieben seid.
00:23:16: Ganz liebe Grüße. Tschüss.
00:23:19: [Musik]
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