Der Alltag - die 100h Woche
Shownotes
Erinnert Ihr Euch an den Werbeslogan für die Serie 'Abenteuer 1900'?
Zurück zur 100h Woche!
Ja - das kann man wohl so unterschreiben - es war einen 100h Woche und mein Alltag als Hausmädchen kannte keine Pause und kein Pardon.
Hört gerne ma rein, was ich den ganzen Tag so erledigen sollte...
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00:00:00: [Musik]
00:00:16: Hallo und herzlich Willkommen zur Folge 5.
00:00:19: Heute geht es um den Alltag in Guzhaus.
00:00:22: Ein ganz normaler Tag von morgens bis abends.
00:00:25: Was ist passiert, was waren unsere Aufgaben?
00:00:27: Ich habe mich aufgestellt, man gab es Essen. Bleibt gerne dran.
00:00:30: Hallo übrigens aus Peking.
00:00:32: Es ist so asiatische Zeitverschiebungen, sind so gar nicht meins.
00:00:36: Da habe ich ein Riesenproblem mit.
00:00:38: Jetzt ist es hier auf jeden Fall 17 Uhr, 15 Uhr.
00:00:41: Und jetzt habe ich gedacht, so, jetzt mich in der Lage zu sprechen
00:00:44: und euch von dem Alltag als Hausmädchen zu erzählen.
00:00:48: Wer Guzhaus gesehen hat, erinnert sich vielleicht daran,
00:00:52: dass ganz am Anfang eine Sache passiert ist,
00:00:54: und zwar haben Ulrike und ich verschlafen.
00:00:56: Eigentlich ist es nämlich so gewesen, dass wir die Untersten in der Hierarchie
00:01:00: natürlich auch als allererstes aufstehen mussten,
00:01:02: dass je höher man in der Hierarchie war, desto länger konnte man schlafen
00:01:06: und je höher man in der Hierarchie war, desto früher hatte man Feierabend.
00:01:09: Das heißt, untersteh in der Hierarchie längster Arbeitstag.
00:01:12: Wir mussten um 5 Uhr aufstehen und wir waren deswegen auch die einzigen,
00:01:16: die einen Wecker besessen haben.
00:01:18: Was wir allerdings nicht wussten, jetzt kamen wir ja nur aus 2004 ist.
00:01:22: Ich meine, man hätte es sich denken können, aber okay.
00:01:25: Dass dieser Wecker natürlich keine Batterie hatte und auch kein Akku
00:01:29: und sowieso überhaupt gar nicht, sondern er wurde aufgezogen.
00:01:32: Weil er aber aufgezogen war, als wir ihn bekommen haben,
00:01:36: haben wir das nicht bedacht und dann war er natürlich irgendwann leer
00:01:39: und er hat nicht funktioniert.
00:01:41: Das war der Grund, warum wir verschlafen haben,
00:01:43: weil wir erstmal schmerzlich erfahren mussten,
00:01:46: dass man einen Wecker 1906 aufgezogen hat.
00:01:50: Gut, um 5 Uhr mussten wir also aufstehen.
00:01:53: Dann mussten wir, also wir sind als Allererstes aufgestanden,
00:01:57: das heißt, es war dunkel, es war kalt.
00:01:59: Wir konnten uns selber natürlich tyrütisch waschen,
00:02:02: indem wir uns selber Wasser geholt haben,
00:02:04: aber das haben wir schon auch eher weggelassen.
00:02:07: Das wäre aber all unsere allererste Tagesaufgabe gewesen.
00:02:11: Wasserholen und vor allen Dingen heiß machen.
00:02:14: Wir haben ja so viel Wasser gebraucht,
00:02:16: dass wir riesige Töpfe erhitzen mussten,
00:02:19: was auch schon einige Zeit gedauert hat.
00:02:21: Das heißt, man hat als Allererstes eigentlich
00:02:24: in der Küche den Ofen angeheizt und den ersten Topf Wasser aufgesetzt.
00:02:28: Das Anheizen der Öfen an sich wäre die Aufgabe gewesen,
00:02:34: die mit dem Wasser holen, an Tagen, wo das Heizen notwendig ist.
00:02:38: Deswegen sag ich wäre mit am wichtigsten wahr.
00:02:41: Denn es war total nötig,
00:02:44: dass sobald die Herrschaften geweckt wurden, es war war im Haus.
00:02:48: Schon um 5.30 Uhr haben wir dann aber das übrige Personal geweckt
00:02:52: und den Personalwaschwasser bereitgestellt.
00:02:55: Das waren auch die Untersten in der Hierarchie,
00:02:58: haben sich natürlich um das obere Gesinde mitgekümmert.
00:03:02: Sobald das Wasser für das Gesinde bereitgestellt war,
00:03:06: wurde sich dann erst mal um die Ofen gekümmert.
00:03:08: Denn es hatte noch keinen Sinn, das Wasser für die Herrschaft bereitzustellen.
00:03:11: Das wäre dann schon kalt gewesen, wenn man die geweckt hat.
00:03:15: Nach dem Öfen und Wasser war es aber auch tatsächlich gleichgestellt,
00:03:21: eine Aufgabe, die morgens als Allererstes erledigt werden musste.
00:03:25: Und zwar die Schuhe der Herrschaft.
00:03:27: Die mussten auch geputzt werden, denn es war zwingend notwendig,
00:03:31: dass diese sauber waren, wenn die Herrschaft aufgewacht ist.
00:03:34: Das heißt, man hat bis sieben Uhr, von fünf bis sieben Uhr Wasser geholt,
00:03:39: Wasser erhitzt, Öfen angeheizt und Schuhe geputzt.
00:03:43: Da hat mir übrigens der Hausbursche beigeholfen.
00:03:46: Und Öfen wurden vorrangig in der Küche angemacht,
00:03:51: der Ofen zum Heizen des Wassers oder zum Kochen.
00:03:54: Und dann das Ankleidezimmer, das Herrenzimmer, das Darmzimmer,
00:03:57: Anrichtes, Speisezimmer, Schulzimmer und Salon, also schon einige Öfen.
00:04:02: Dann, wenn es so gegen sieben Uhr ging, hat man das warme Wasser,
00:04:05: was dann mittlerweile warm war, auf die anderen Zimmer verteilt.
00:04:08: Mit anderen Zimmern meine ich die Herrschaft,
00:04:10: das Kinderfreulein, der Lehrer und natürlich auch die Kinder,
00:04:15: sind natürlich in der Herrschaft immer inkludiert.
00:04:17: Dann ist die Herrschaft aufgestanden, hat sich angezogen und frisch gemacht
00:04:21: und dann gab es um sieben Uhr 45 die Morgenandacht.
00:04:24: Ich bin mir gar nicht sicher, inwieweit die in der Serie vorkommen.
00:04:29: Das war auch so, dass sich der Gutzer etwas schwer damit getan hat,
00:04:32: weil es so nicht seiner inneren Überzeugung entsprach,
00:04:35: aber er hat die schon immer wieder abgehalten
00:04:38: und ich persönlich fand das auch eigentlich ganz schön,
00:04:40: weil das war so knapp drei Stunden nach dem Aufstehen
00:04:43: und das war so der erste Moment des Innerhaltens und der Ruhe.
00:04:47: Das waren jetzt so meine Aufgaben,
00:04:49: um nochmal ganz kurz auf die Aufgaben der anderen Kollegen,
00:04:52: wollte ich gerade sagen, zurückzukommen.
00:04:54: Also das Küchenmädchen hat natürlich angefangen
00:04:56: in der Küche das Frühstück vorzubereiten.
00:04:58: Da ist dann auch die Momsel dazugekommen,
00:05:00: die neben dem Frühstück auch schon die anderen Speisen
00:05:03: in die Wege geleitet hat für den Tag.
00:05:05: Das Stubenmädchen und der Diener haben oben eingedeckt,
00:05:09: fürs Frühstück haben das Frühstück vorbereitet,
00:05:12: vielleicht Kleidung rausgelegt,
00:05:14: vielleicht auch geholfen die Korsettes zu schnüren,
00:05:16: also das Stubenmädchen in dem Fall natürlich.
00:05:19: Und der Kutscher und der Stallburche
00:05:23: haben schon draußen arbeiten verrichtet im Stall.
00:05:27: Ja, dann ist die Morgenandacht vorbei gewesen
00:05:29: und dann gab es Frühstück, also drei Stunden nach dem Aufstehen,
00:05:32: zum ersten Mal was zu essen.
00:05:34: Die Herrschaft und das Gesinde ungefähr Zeit gleich gefrüstelt,
00:05:37: nur der Diener hat dann ein bisschen später gefrüstelt.
00:05:40: Dann hat man die Petroleumlampen eingesammelt
00:05:43: in den Schlafzimmern, die ja nun leer waren,
00:05:45: in den Schlafzimmern der Herrschaft
00:05:47: und hat die Schlafzimmer gereinigt,
00:05:49: das heißt man hat die Betten aufgeschlagen,
00:05:51: man hat vielleicht Staubgewicht jeden Tag,
00:05:55: hat man eine Aufgabe irgendwie versucht zu erledigen,
00:05:58: weil das natürlich alles deutlich länger gedauert hat,
00:06:00: als heute, wo man eben elektrische Geräte,
00:06:04: ich erinnere mich an die Folge,
00:06:06: mit den Haushaltsmaschinen zu Hilfe nimmt.
00:06:08: Was natürlich da auch noch ganz klar dazugehört,
00:06:10: ist das Lehren der Nachtöpfe,
00:06:12: was nicht nur die Nachtöpfe waren,
00:06:14: mussten ja runtergebracht werden,
00:06:16: mussten ausgelädt werden, mussten dann gewaschen werden
00:06:19: und wieder hochgebracht werden,
00:06:21: also alles relativ viele Arbeitsschritte,
00:06:23: die da dann hintereinander lagen.
00:06:25: Dann hat man um neun etwa
00:06:28: die Badezimmer in Ordnung gebracht
00:06:30: und Flure gereinigt, Treppenhäuse,
00:06:32: also die zwei Treppenaufgänge gereinigt
00:06:35: und immer im Wechsel gewischt, gefegt, Staub gewischt.
00:06:41: Ja, dann gab, theoretisch wäre das so um 10 Uhr fertig gewesen,
00:06:45: halte ich aus Erinnerung, aber für unrealistisch,
00:06:48: das ging eher schon so bis elf.
00:06:50: Und wichtig war es, dass man dann vor dem Mittagessen
00:06:53: die Petroleumlampe, die man ganz am Anfang eingesammelt hat
00:06:56: und natürlich aufgefüllt hat, wieder zurückgebracht hat
00:06:59: und dann am Mittag die Zimmer im oberen Geschoss
00:07:02: auf jeden Fall alle in Ordnung sauber und wiederhergestellt waren.
00:07:08: Da vielleicht auch nochmal zu erwähnen
00:07:10: der Punkt mit den Wasserkarafen, die man ja morgen gefüllt hatte,
00:07:13: die musste man auf jeden Fall auch alle einmal mit runternehmen,
00:07:16: klar, um sie auszulehren, weil es gab ja noch keine Abwasserleitung
00:07:19: und auch um sie eben auszuputzen.
00:07:21: Dass wer auch Gutshaus kennt, habe ich einmal Eierrafe bekommen,
00:07:25: das habe ich ganz am Anfang nicht so reinlicht gemacht
00:07:28: und das stimmt und schauen, die hatten solche Ränder,
00:07:31: von Rasierschaum zum Beispiel oder ähnlichen Seifen, Ränder
00:07:35: und die mussten dann quasi ausgeputzt werden
00:07:38: und dann wieder zurückgestellt werden.
00:07:40: Also man ist bis zum Mittag schon sehr, sehr viele Male,
00:07:44: die zwei Treppen hoch und runter gelaufen.
00:07:46: Der Nachmittag war dann im Prinzip der Wäsche gewidmet,
00:07:49: dazu gehörte natürlich das Wäschewaschen, das Wäschepletten,
00:07:52: aber auch das Wäsche ausbessern, das heißt, Löscherstopfen,
00:07:56: ja, Löscherstopfen vor allen Dingen, das war die Theorie.
00:08:01: In der Praxis ist das so nicht gewesen
00:08:05: und das lag vor allen Dingen an der fehlenden Routine.
00:08:08: Ich habe ganz oft für die Instanthaltung der Zimmer
00:08:12: sehr, sehr viel länger gebraucht, habe deswegen die Wäsche aufgeschoben
00:08:17: und das ist so ein bisschen wie zu Hause,
00:08:19: also wie auch 2024 zu Hause, wenn man Wäsche aufschiebt,
00:08:24: dann ist es nicht jeden Tag eine Maschine,
00:08:27: sondern dann ist es plötzlich, sind es zwei oder drei an einem Tag
00:08:31: und da kommt man vielleicht manchmal schon ein bisschen in die Pridolje
00:08:34: und noch viel mehr kommt man in die Pridolje, wenn man das mit der Hand wäscht.
00:08:37: Und so ist die ganze Wäschesituation ja auch komplett eskaliert.
00:08:42: Das übrigens eine Frage von euch war, was da genau war.
00:08:46: Wir haben ja Hilfe bekommen von zwei Frauen aus dem Dorf,
00:08:50: die ein ältere Semester hatten und deswegen tatsächlich Erfahrung noch hatten
00:08:54: in der Handwäsche, die mir geholfen haben beim Wäschewaschen,
00:08:57: weil irgendwann oder relativ schnell war ein Wäscheberg angewachsen,
00:09:02: dem ich überhaupt nicht standhalten konnte,
00:09:05: weil natürlich der ganze Prozess des Wäschewaschens
00:09:07: hat mich ja auch viel, viel mehr Zeit gekostet,
00:09:09: als man das eigentlich gedacht hat, weil ich keine Routine hatte.
00:09:12: Denn auch hier viele, viele Arbeitsschritte Wasser holen, Wasser erhitzen,
00:09:17: Wäsche kochen oder eben so warm machen wie die Wäsche das verträgt,
00:09:21: einweichen lassen, ausspülen, neues Wasser, altes Wasser wegbringen,
00:09:26: ich habe es glaube ich schon mal erzählt.
00:09:28: Unglaublich viele Arbeitsschritte, unglaublich viel Zeit
00:09:30: und natürlich immer so den Anspruch, die Wäsche so sauber zu kriegen,
00:09:35: wie man ein Sauber von 2004 kannte.
00:09:38: Das ist nicht realistisch, das ging gar nicht
00:09:42: und das war aber schwierig da das sauber eigentlich zu finden,
00:09:47: was denn 1906 sauber gewesen ist.
00:09:50: Jetzt denkt man vielleicht, wenn ich so Bilder sehe
00:09:52: von meiner Urgrusmutter oder Personen, die ungefähr da gelebt haben,
00:09:56: da waren die doch alle sauber, ja, auf den Bildern bestimmt.
00:09:59: Also die sind ja in der Regel nicht besonders scharf im Vergleich
00:10:03: zu dem, was wir heute in der Lage sind zu fotografieren,
00:10:06: dann auf schwarz-weiß Aufnahmen, also man denkt das war sauber,
00:10:10: aber es war trotzdem noch mal ein ganz anderes Sauber
00:10:12: als das, was wir heute als sauber bezeichnen.
00:10:16: Ja, so ging der Nachmittag ins Land
00:10:18: und dann hat man allmählich die Öfen in den Schlafräumen angeheizt
00:10:22: Und...
00:10:24: nochmal Wasser in die verschiedenen Zimmer gebracht.
00:10:27: Dann hat man Waschküche und Plättstube ja noch in Ordnung bringen müssen,
00:10:31: sodass um 19 Uhr beim Abendessen alles wieder in guter Ordnung war.
00:10:36: Nach dem Abendessen wurde der Tisch des Personalabs geräumt,
00:10:39: weder von Ulrike und mir.
00:10:41: Es gab viele Spülarbeiten, die auch Ulrike oft gar nicht alleine bewältigen konnte,
00:10:46: weil in der Küche hat sich ja wirklich 24/7 das Geschirr gestapelt,
00:10:51: wo ich natürlich viel geholfen habe.
00:10:54: Und dann hat man Holz reingeholt zu den verschiedenen Öfen,
00:10:59: dass man am Morgen das nicht machen musste,
00:11:01: weil morgens muss ja alles relativ leise ablaufen.
00:11:05: Das heißt, man hat dann nach dem Abendbrot zu gegen 8 oder halb 9, 9
00:11:09: das entsprechend Holz bereit gelegt in den Zimmern.
00:11:12: Und dann hat man noch so Arbeiten erledigt,
00:11:16: wie zum Beispiel Puderzucker machen. Erinnere ich mich sehr gerne dran.
00:11:19: Weil man, also wir hatten nur Kristallzucker,
00:11:23: aber die Mamsel hat ja viele tolle Sachen gebacken, auch Pralinen.
00:11:26: Und zum Beispiel für Marzipan brauchte man Puderzucker,
00:11:29: und dann saßen wir da mit Mörser und haben Zuckerzerriben zu Puderzucker.
00:11:35: Solche Sachen waren das noch.
00:11:36: Oder man hat vielleicht seine eigene Kleidung mal ausgebessert,
00:11:40: oder man hat sich selbst jetzt endlich mal das Gesicht gewaschen
00:11:44: und die Haare irgendwie gekämpft.
00:11:46: Wobei, da darf ich gar nicht so nah drauf eingehen.
00:11:48: Das ist nämlich die nächste Folge Körperhikkine.
00:11:51: Da kündige ich hiermit schon mal an.
00:11:54: Also in der Theorie hätte man um 21 Uhr Feierabend gehabt.
00:11:59: In der Praxis ist das schon auch noch immer wieder länger gegangen.
00:12:02: Weil viele Arbeiten einfach lange gedauert haben durch fehlende Routine.
00:12:08: Weil viele Arbeiten in der Planung weniger umfangreich eingestuft wurden.
00:12:13: Da hat er zum Beispiel diese Waschwassergeschichte.
00:12:16: Und man gedacht hat, da passt doch noch mehr rein.
00:12:19: Weil es viele Schlachttage gab, an denen die Küche dann besonders schmutzig war.
00:12:24: Und eben noch viele kleine Zusatzaufgaben immer wieder so dazugekommen sind.
00:12:28: Sei es die Hühnerfüttern, oder den Brotkasten von den kleinen Küken versorgen.
00:12:33: Oder mal schnell Gemüse im Garten flücken.
00:12:37: Oder die Milch am Tor holen.
00:12:40: Oder den Hunden, was zu essen machen.
00:12:42: Die Herrschaft hatte ja Hunde.
00:12:44: Und so sind immer wieder Dinge auch gewesen.
00:12:46: Die haben hier mal eine Viertelstunde gekostet.
00:12:49: Und da mal zehn Minuten.
00:12:50: Und der Tag war Picke-Packe voll.
00:12:53: Also man könnte sich ja jetzt vorstellen, dass man, wenn keine Kamera da ist, dass man sich so denkt.
00:12:59: So ist ja jetzt ziemlich jetzt hier noch gar nichts.
00:13:02: Aber das war undenkbar.
00:13:04: Weil es war eh schon alles immer super tight.
00:13:07: Und wenn man dann noch gar nichts gemacht hätte, dass wäre, man hätte die Situation ja nur massiv verschlechternd.
00:13:12: Und da fällt mir gerade noch eine ganz andere Sache ein, die auch super zeitaufwendig war.
00:13:16: Die so in der Sache gar nicht geplant war, dass sie so zeitaufwendig ist.
00:13:20: Und zwar Kerzen auffüllen.
00:13:22: Das ganze Gutshaus war ja mit Kerzen oder Petroleumlampen beleuchtet.
00:13:26: Und es war so zeitaufwendig, die Kerzen in diese Halter zu...
00:13:32: Keine Ahnung, wie man den Prozess nennen soll.
00:13:35: Also man kennt das vielleicht, wenn man so eine Weihnachtspyramide oder so hat.
00:13:39: Wenn man immer schön unten die Kerze erhitzt, dann wieder da rein drückt.
00:13:42: Und dann fällt die um.
00:13:43: Dann macht man das nochmal und nochmal und nochmal.
00:13:45: Irgendwann ist alles vermarscht, also sie ist schrecklich aus.
00:13:47: Ungefähr so war das da auch.
00:13:49: Man hat verzweifelt versucht, gerade in den Fluren, wo so Kerzenleuchter waren, wo so Stabkerzen reinkamen.
00:13:54: Diese Kerzen irgendwie da festzubekommen.
00:13:56: Und dann gab es natürlich auch immer wieder die Situation, dass die gereinigt werden mussten, die Leuchter.
00:14:03: Und ja, also da gab es schon viele Sachen, die einfach sehr zeitaufwendig waren und dazwischen gekommen sind.
00:14:09: Oder auch so mal eben eine Runde pletten.
00:14:12: Das war halt nicht, da bis die Eisen die richtige Temperatur hatten und und und und.
00:14:18: Das war auf jeden Fall schon mal so im Groben und Ganzen ein Tag.
00:14:22: Vom Hausmädchen jetzt ja sehr speziell.
00:14:24: Denn über die Tagesabläufe der anderen kann ich gar nicht so wirklich was sagen.
00:14:29: Die Herrschaft und alle in der Herrschaft zugehörigen Personen habe ich im Prinzip nie gesehen.
00:14:34: Denn da wo ich gearbeitet habe, durfte in der Regel eigentlich niemand anderes sein.
00:14:38: Beziehungsweise wenn die Herrschaft kam, habe ich den Raum verlassen.
00:14:40: Die Küche mit der Mamsell und dem Küchenmädchen war auch so ein Ort, in dem man sehr, sehr gerne mal durchgehuscht ist.
00:14:47: Und auch mal stehen geblieben ist auf ein Schwätzchen.
00:14:49: Aber auch das weiß ich nicht oder könnte ich euch nicht erzählen, was da passiert ist.
00:14:55: Der Kutscher und der Stallbursche waren im Stall, der war ja einige Meter entfernt.
00:14:59: Wenn dann habe ich noch den Hausburschen getroffen.
00:15:01: Ansonsten ist das tatsächlich so gewesen, dass man sehr viel so allein seinem Tagesablauf nachgegangen ist.
00:15:09: Deswegen war auch eine Sache, die Ulrike und ich vor allen Dingen gemacht haben.
00:15:12: Wir haben bei der Arbeit gesungen.
00:15:14: Denn es gab ja keine Musik oder jetzt ein Radio oder so, was wir hätten hören können.
00:15:19: Einmal hat die Mamsell ja, wer es gesehen hat, ein Krammophon bekommen.
00:15:23: Das war sehr besonders, der Klang.
00:15:25: Total schön, wenn man lange keine Musik gehört hat und auch generell ein sehr besonderer Klang.
00:15:32: Und da blieb ein wenig übrig, als einfach so zu singen.
00:15:36: Wir haben uns immer total gefreut, wenn Herr Musela Klavier gespielt hat.
00:15:39: Das war sehr, sehr schön.
00:15:41: Bis heute liebe ich Klaviermusik, weil das damals auch so entspannend war,
00:15:47: wenn man im Hintergrund gehört hat, dass jemand Klavier gespielt hat.
00:15:50: Und gesungen haben wir tatsächlich hauptsächlich, glaube ich, die Gedanken sind frei.
00:15:55: Denn wenn man das Lied kennt und sich den Text nochmal so durch die Kopf gehen lässt,
00:15:59: dann passt das einfach 100 Prozent in die Situation, zum Beispiel von einer Dienstmark.
00:16:05: Denn der Text ist ja, die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?
00:16:07: Sie fliehen vorbei wie nächtliche Schatten.
00:16:09: Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen, die Gedanken sind frei.
00:16:13: So, und ungefähr so war das ja auch.
00:16:15: Man hatte so viele Dinge, die man gerne gesagt hätte,
00:16:18: oder manchmal auch Wut, weil man Ärger bekommen hat,
00:16:21: für was man doch so gut gewollt hat.
00:16:25: Oder man musste was machen, wo man doch jetzt endlich mal seine eigenen Schuhe putzen wollte.
00:16:31: Oder so, dass dieses Lied war so, ja, ich kann mich nicht wehren,
00:16:35: ich kann nicht gegen euch sein, weil ich bin in der Hierarchie so weit unten,
00:16:39: ich kann nicht sagen, denn das steht mir nicht zu, aber ich kann das denken.
00:16:43: So, das war diese innere Rebellion, ich kann das denken.
00:16:46: Der Tag so im Großen und Ganzen hört sich ja irgendwie machbar an, finde ich,
00:16:52: wenn ich euch das so erzähle.
00:16:54: Aber sicher, eine Riesenbelastung war die extrem lange Arbeitsspanne,
00:16:58: von morgens um 5 bis abends um 10 oder um 11.
00:17:01: Und natürlich, dass man sich selber so extrem vernachlässigt hat, ja,
00:17:05: dass man eben nicht frisch und sauber in den Tag gestartet ist,
00:17:09: sondern oft sich nur ein bisschen Wasser durchs Gesicht gezogen hat,
00:17:13: und dann muss es losgehen.
00:17:15: Das ist oft sehr kalt war, man hat viel gefroren, dass man oft Hunger hatte.
00:17:19: Denn selbst wenn ich heute hier so mein Haushaltsschmeiß,
00:17:22: dann gehe ich oft am Kühlschrank vorbei oder nehme mir ein Schokoriegel oder sowas,
00:17:26: und das war eben ja alles überhaupt nicht denkbar.
00:17:29: Und mit Glück vielleicht noch mal eine Scheibe Brot oder so,
00:17:32: aber es wurde eigentlich zwischendurch nicht gegessen.
00:17:35: Ja, und dann eben, dass man nicht sein eigener Herr war,
00:17:38: dass man immer unter den Befehlen der anderen stand.
00:17:42: Wenn ihr heute auch so euren Haushalt macht,
00:17:45: dann könnt ihr euch ja auch mal auf die Couch setzen oder das abbrechen.
00:17:49: Oder ja, klar, auf der Arbeit, viele Jobs erfordern sicherlich auch ein gewisses Gehorsam,
00:17:56: aber in einem anderen Rahmen, wie es damals war,
00:18:00: in einer anderen Härte, in einer anderen Forderung einfach.
00:18:05: Und das war, ich weiß nicht, ob es Worte dafür gibt, das zu beschreiben,
00:18:10: deswegen gibt es ja zum Beispiel diese Szene,
00:18:13: wie ich außen auf der Mauer sitze und mein Schicksal so beweine,
00:18:16: und sage, ich würde so gerne meine Show putzen, aber dafür reicht es einfach nicht.
00:18:22: Und ich fand es lange irgendwie peinlich, weil ich da so verzweifelt war,
00:18:28: das trifft es aber doch irgendwie schon sehr gut,
00:18:30: dass man sich selbst so aufgeben musste und eben eine Markt war,
00:18:35: komplett im Zeichen des Dienstherrs.
00:18:38: So ging ein Tag nach dem anderen ins Land,
00:18:40: und die Tage an sich haben sich eigentlich wenig unterschieden,
00:18:43: auch wenn natürlich zwischendurch besondere Sachen passiert sind,
00:18:46: wie Feste, Schlachten, neue Hühner oder ähnliches.
00:18:49: Ansonsten haben wir uns alle immer auf eine Sache sehr, sehr, sehr gefreut.
00:18:54: Das war der sonntagliche Kirchgang.
00:18:56: Das war so die eine Stunde komplette Ruhe.
00:19:01: Ich weiß nicht, ob das früher, also 1906, anderen Menschen auch passiert ist,
00:19:06: aber ich bin mir ziemlich sicher, denn einige von uns sind dabei eingeschlafen.
00:19:11: Ich tatsächlich nicht, aber ich kann mir vorstellen,
00:19:15: dass es auch in echt, sage ich jetzt mal, obwohl das war ja schon echt,
00:19:19: was wir gemacht haben, auch passiert ist,
00:19:21: dass man diese in dieser einen Stunde einmal die Erschöpfung sich breit macht.
00:19:26: Und ja, da das eben so was Besonderes war,
00:19:30: kann man auch nochmal diese Beziehung zum Glauben nochmal in ein anderes Licht setzen,
00:19:35: denn da hatte man einfach eine ganz andere Aufmerksamkeit für.
00:19:40: Und es war eben ein Stück Erholung der Kirchgang,
00:19:45: das was einem dort erzählt wurde, die Gemeinschaft mit den anderen Christen,
00:19:50: die dort saßen, die er auch merkte und Burschen waren.
00:19:54: Ja, das sind schon wieder ganz viele Themen, die da irgendwie so reinspielen,
00:19:58: die vielleicht nochmal eine eigene Folge wert sind.
00:20:00: Deswegen schließe ich diese Folge jetzt erstmal hiermit.
00:20:03: Ich hoffe, ihr habt einen kleinen Überblick bekommen,
00:20:05: wie ein Tag als Hausmädchen ausgesehen hat.
00:20:07: In der nächsten Folge erzehle ich euch erstmal von der Körperhygiene.
00:20:11: Wie hat man sich gewaschen, wann hat man sich gewaschen,
00:20:14: welche Möglichkeiten gab es überhaupt, wer hatte unterschiedliche Rechte.
00:20:19: All das hört ihr in der nächsten Folge.
00:20:21: Und ich freue mich, wenn ihr wieder mit dabei seid,
00:20:23: schreibt mir gerne Fragen.
00:20:25: Wir hören uns beim nächsten Mal mit der Körperhygiene.
00:20:28: Liebe Grüße.
00:20:29: [Musik]
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